„Ich bin eigentlich gar nicht so die krasse Feministin“ – denke ich noch, als ich mit mir hadere, einen schriftlichen Beitrag zum Weltfrauentag zu leisten.
Neulich bin ich noch mit einem Kollegen aneinander geraten, der mein ständiges Relativieren als eine unmotivierte Haltung einstufte und sich damit sogar ein Stück weit in seiner Arbeit entwertet fühlte. Und ich merke noch nicht mal, dass ich das tue. Geschweige denn, dass sich Menschen daran stören könnten. Denn ich relativiere ziemlich häufig nur, um verschiedene Meinungen zuzulassen und gleichwertig zu behandeln, vielleicht sogar, um von vornherein zu deeskalieren. Dass das aber auf Unmut stoßen, ja sogar hochgradig falsch verstanden werden kann, sich nicht klar zu positionieren, von der Seite habe ich das noch gar nicht gesehen.
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Und deswegen hier ein paar klare Worte zum Stichwort „Weltfrauentag“.
Als Allererstes: Ja, ich verstehe die Zerrissenheit über die Idee des Frauentags.
„Die deutsche Sozialistin Clara Zetkin schlug auf der Zweiten Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz am 27. August 1910 in Kopenhagen die Einführung eines internationalen Frauentages vor, ohne jedoch ein bestimmtes Datum zu favorisieren. Die Idee dazu kam aus den USA. Dort hatten Frauen der Sozialistischen Partei Amerikas (SPA) 1908 ein Nationales Frauenkomitee gegründet, das beschloss, einen besonderen nationalen Kampftag für das Frauenstimmrecht zu initiieren. Dieser erste Frauentag in den USA am 28. Februar 1909[2] war ein Erfolg – auch weil sich bürgerliche Frauenrechtlerinnen den Forderungen nach dem Frauenwahlrecht anschlossen und gemeinsam mit den Sozialistinnen demonstrierten.“
– Quelle: wikipedia.de
Der Ursprung ist klar und der Weg seit damals bis heute x-mal gebogen und abgeleitet. Unter anderem hatte Hitler jenen Tag mal eben durch seinen „Muttertag“ ersetzt und somit den Sinn hinter dem Frauentag erst mal komplett entstellt. Wir feiern Muttertag heute noch, weil wir es irgendwie „nett“ finden, unserer Mama Blumen zu schenken und wenn ich ehrlich bin, „benutze“ ich den Tag auch genau für die Idee, dass die Mama eben die beste Mama der Welt ist. Dennoch: Auch durch diesen Tag entsteht Zerrissenheit über all die Gefühle zum Weltfrauentag.
Gestern habe ich so vielen verschieden, coolen Frauen zugesehen, wie sie richtige, überlegte, aber auch unüberlegte Sachen gesagt haben. Da hieß es „Hört auf, die Ladies, die Ihr so über die Straße gehen seht, zu verurteilen, weil sie was Seltsames anhaben oder den falschen Lippenstift tragen.“ Da hieß es „Macht doch heute mal einer Frau einfach so ein Kompliment, weil Ihr irgendwas toll an Ihr findet.“ (Das mache ich übrigens oft, weil ich finde, dass man generell Menschen gar nicht oft genug was Nettes sagen und mit ein paar einfachen Worten den Tag versüßen kann.) Da las ich aber auch: „Wie erlebt Ihr denn so Eure Frauenrechte? Habt Ihr das Gefühl, dass Ihr hier in Deutschland, zum Beispiel, benachteiligt seid? – Ich nicht. Und Ihr?“ (…)
Wie viele Männer haben gestern den „tollen Ehefrauen und Müttern“ dieser Welt gratuliert, was sicherlich einfach nur sehr lieb gemeint war, aber ein ganz kleines bisschen stieß mir dann der Widerspruch, der sich allein in diesen vier Worten befindet, doch bitter auf.
Allein dieser letzte Absatz ist für mich eine klare Antwort auf die Frage:
„Brauchen wir denn in Zeiten wie heutzutage noch einen Frauentag?“
Ja, den brauchen wir, ich würde sogar sagen, heute mehr als je zuvor. Denn nach Jahren der Frauentagsevolution scheint es inzwischen so, als käme der Sinn dahinter zwar endlich Stück für Stück in den Köpfen an, aber ebenso, als fehle es immer noch an Bewusstsein dafür. Ich habe Frauen gesehen, die sich ein bisschen für den Enthusiasmus der anderen Frauen zum Frauentag schämen, die abwinken und alles irgendwie relativieren (würde ich nie tun). Das ist okay, aber ich habe beschlossen, mich nicht (mehr) auf diese Seite zu stellen, um der Diskussion aus dem Weg zu gehen. Ich werde auch regelmäßig angestrengt angesehen, wenn das Thema aufkommt, aber was soll ich in meiner Komfortzone, wenn sie mir am Ende häufig einen Strich durch die Rechnung macht.
„Wo hast Du denn bitte in unserer aufgeklärten Welt Probleme, huh?“
– Oh Leute, wo fange ich nur an.
1) Sexismus light
Neulich bei einem Umzug: Ich wollte eben nach Hause fahren, um meine Hündin Paula Gassi zu führen und brauchte ein Auto, weil meines am anderen Ende der Stadt stand. Ich fragte den Freund meiner Freundin, ob er mir für eine halbe Stunde sein Auto leihen könne und er antwortete ernsthaft: „Das sind 180 PS, ich glaube nicht, das Du damit umgehen kannst.“
Ein anderer Kumpel sprang entzerrend ein: „Hier, kannst meinen haben“ und verdrehte die Augen.
Ein ähnliches Phänomen kam übrigens vor ein paar Jahren bei einem Ex-Freund von mir auf, der mich nie mit seinem Auto fahren ließ, was ja erst mal nicht schlimm ist, dann aber zum Umparken einem relativ flüchtigen Bekannten den Autoschlüssel in die Hand drückte, obwohl ich es ihm explizit angeboten hatte. Really?
2) #metoo
Steigern wir das Ganze: Diese #metoo-Diskussion, die in den letzten Monaten aufkam, ist ein Thema, das tiefer in der Gesellschaft verankert ist, als manch einer glauben mag. Falls Du nichts damit anfangen kannst, hier kannst Du Dich informieren: https://de.wikipedia.org/wiki/MeToo
Und entgegen aller Stimmen, die immer wieder einen Weg finden, diese Diskussion zu entwerten, finde ich auch hier: Alles richtig gemacht. Und: Speak up! Klar denke selbst ich bei einigen Themen „Meine Güte, übertreib’s nicht“, aber meistens übertreiben es die Menschen nicht.
Ich kann aus Erfahrung sagen, dass dieses Thema im Laufe meines Lebens mehr als einmal akut geworden ist und das wahrscheinlich GERADE, weil ich eine recht starke Persönlichkeit habe. Was habe ich mich schon gewehrt, geschrien, angeprangert, ausführliche psychologische Klärung versucht, Sprüche gebracht, mich sogar körperlich gewehrt (!) und erschöpfend diskutiert. Ich kenne mehr als einen Mann, der sich wahrscheinlich noch nicht einmal bewusst darüber war, wie viele Grenzen gleichzeitig er gerade überschreitet. Männer, die Frauen in Sex reinquatschen wollen, Männer, die Frauen verbieten möchten, mit Freunden rauszugehen, Männer, die Frauen einsperren wollen, Männer, die das Wort „Nein“ nicht kennen und heute immer noch meinen: „Wenn eine Frau ‚nein‘ sagt, meint sie eigentlich ja“, Männer, die Frauen aktiv im Satz unterbrechen, Männer die Frauen begrüßen mit „Hi, du heiße MILF“, und so weiter. Die, die mich kennen, wissen, ich kann hier endlos viele Beispiele benennen.
Vermutlich habe ich schon tiefe Wunden und dicke Narben davon getragen, kann aber die starke Persönlichkeit dafür nutzen, das weitestgehend in positive Energie umzuwandeln. Es gibt aber auch Ladies, die können das nicht.
Also wird es Zeit, dass die Ansage einer Frau ernstgenommen wird, bevor ein Unwissender so viel kaputtmachen kann.
3) Die Sache mit den Jobs.
Auch hier weiß ich wieder gar nicht, wo ich anfangen soll. Es sind so viele Dinge, die mir vor allem erst die letzten Jahre immer klarer geworden sind.
Wir Frauen bekommen vom ersten Tag das „Mädchen spielen mit Puppen, ziehen rosa Kleider an, kochen und backen gerne, kriegen Kinder und sind eine Fulltime-Mutti und -Ehefrau“-Ding anerzogen.
THE FUCK I AM.
Bloß gut, dass ich schon zu einer Zeit in die Welt gesetzt wurde, wo sich das alles anfing zu lockern. Ich durfte mich sehr wohl auf der Straße rumtreiben, bunte Punk-Klamotten anziehen, Mucke machen und eine Meinung haben. Dank meiner Eltern war das sogar ausdrücklich erwünscht, wenn auch vorsichtig. Aber neben dem anerzogenen Dickschädel gab es eben doch noch die Idee der konservativen Lebensführung. Ich glaube, da scheiden sich auch heute noch die Geister. Diese mir vorangegangene Generation möchte so gerne ein Freigeist sein, kann es aber noch nicht so richtig, denn die erfuhren ja eine langjährige Erziehung in preußischen Schulsystemen, Klavierunterricht und Straferziehung. Auch die revolutionierten da ja schon Einiges, zum Beispiel, dass überhaupt erst mal die Grundlage für ein personalisiertes Leben geschaffen werden konnte. Überhaupt arbeiten zu dürfen, das gehörte zum damaligen Kampf der Frau. Es gab ja Zeiten, wo der Mann beim Arbeitgeber der Frau unterschreiben musste, damit diese offiziell ihren Job ausüben durfte. Aber auch das ist eben erst der Anfang gewesen. Mir fallen Frauen ein, die 25 Jahre lang für ein und den selben Arbeitgeber einen richtig guten Job gemacht haben, die einzige Lohnerhöhung aber die Anpassung an den Mindestlohn vor ein paar Jahren war.
Nun ja, der Wille zur Veränderung ist also, zumindest da, wo ich herkomme, vorhanden, genug für mich, um heute eine eigene Meinung zu haben.
Neben dem eigenen Willen gab es natürlich trotzdem berufliche Einschränkungen. Wie wir alle wissen: In fast jedem Job ist der besser bezahlte Mann an der Überzahl. Nun will ich mir gar nicht anmaßen, darüber zu urteilen, wie Männer an ihre gut bezahlten Jobs kommen. Dennoch möchte ich zumindest mal anstoßen: Gut bezahlte Jobs fallen den Männern tendenziell eher in die Hände, während Frauen wirklich kreativ werden müssen. Das fängt, und darum habe ich das Beispiel oben angebracht, dabei an, dass die Frau anders erzogen wurde. Wie lange habe ich Konfrontation gescheut darüber, was ich kann und wer ich bin. Immer zu denke ich (das ist auch heute noch so, aber ich kann damit differenzierter umgehen) „Da kannst du noch besser werden“ oder „was maßt du dir an, darüber zu reden“, wo sich andere einfach so frei zu bewegen, meist geschmückt mit fancy Buzzwords und Phrasen und einer sehr lauten, männlichen Stimme. Und wie konnte ich Frauen in der Situation beobachten, die auch richtig aktiv in die Situation gegangen sind und die dann abgewunken wurden und als Zicken und Diven oder ahnungslos verlacht wurden und im nächsten Moment ging ein Mann hin, nahm der die Worte aus dem Mund, fand ein paar Mann-Buzzwords dafür und war plötzlich der Erfinder eines wirklich guten Gedankengangs.
Und ich, die verbal nicht so gern mit hyper-intellektuellen Worten um sich schmeißt, weil ich länger brauche, um meine Gedanken zu sammeln, habe das auch schon mehr als einmal erlebt. Nun denkt man sich, dass ich doch eigentlich kein Blatt vor den Mund nehme und keine Angst habe: Das kommt darauf an und selbst wenn das so ist, heißt das nicht, dass das bei einem Mann Anklang findet. Vielleicht sogar fühlt sich ein Mann dann auf den Schlips getreten und nicht ernst genommen und dann geht erst recht die Luzie ab.
Und dann seid mal Mama und redet über Geld. Es ist, als würde sich das gegenseitig ausschließen.
4) Shame! Shame! Shame!
Und apropos konservative Erziehung: In meinem Leben habe ich mich schon ein paarmal gegen eine Beziehung entschieden, weil ich gemerkt habe, dass diese so für Beide nicht funktioniert. Und entgegen vieler Meinungen, die mir so über die Jahre entgegen geschwappt sind, habe ich mich nie leichtfertig dagegen entschieden. Genauso, wie ich mich nie leichtfertig DAFÜR entschied. Aber ich war eben klar und konsequent. Das war nicht immer leicht, aber es hat sich letztendlich fast immer als eine gute Entscheidung herausgestellt.
So geht es mir auch mit dem Thema, wo ich Beziehungen beginne und wie offen ich damit umgehe: Am Ende des Tages ist das meine Entscheidung.
Und Du kannst Dir nicht vorstellen, wie oft ich einen blöden Spruch und ein Urteil zu meinem Lebensweg bekommen habe, meistens von Personen, die sich erst mal gar nicht mit der Materie auskennen und die mit sich selbst oft große Unsicherheiten und Kämpfe austragen.
Weirder Weise gab’s den Spruch des Abwertens immer erst mal für mich. Die Männer feiern sich ja nachher eher, wenn sie eine „Uschi klargemacht haben“. Ihr wisst, was ich meine. Ich bin eine Frau und ich darf mich genauso für oder gegen etwas entscheiden, wie ein Mann.
5) Von der Tragik der Welt ganz zu schweigen
Von all den ethnischen, kulturellen und religiösen Unterschieden brauche ich gar nicht erst anfangen, oder? Orte, an denen das Wort „Gleichberechtigung“ sich damit beschreibt, dass der Mann die Frau jetzt nicht mehr schlagen darf oder an denen darüber diskutiert wird, ob bestimmte primäre Geschlechtsmerkmale beschnitten und somit alle Weiblichkeit genommen werden darf. Orte, an denen die Frau nichts ist, als ein Objekt, dass der Mann jederzeit benutzen darf.
Es gibt sehr viele davon, und Du fragst Dich ernsthaft, ob der Weltfrauentag heute überhaupt noch nötig ist.
DAMN, IT IS!
Und das nicht nur, um auf bestehende Problematiken hinzuweisen.
Wie so viele, weißt Du natürlich, dass ich eher dafür bekannt bin, wie ein Happy-Hippie-Regenbogen-Glücksbärchie (mit der Metalhand auf dem Bauch) durch die Gegend zu laufen und immer zu nur das Gute in Menschen zu sehen. Viele verärgert auch das sehr, aber das wird in diesem Leben keiner mehr an mir ändern.
Jedenfalls berechtigt mich das natürlich dazu, auch Liebe zu verteilen.
Der Weltfrauentag soll uns ja nicht nur daran erinnern, was wir alles noch verbessern müssen, sondern auch, wer wir sind. Was wir für starke, intelligente, schöne und emotionale Wesen sind, die in dieser Welt den gleichwertigen und unbedingt notwendigen Ausgleich zur Männerwelt bilden. Nicht mal durch eine bestimmte Eigenschaft, sondern einfach generell. Wir sind Menschen, die sich nicht damit vergleichen müssen, was der Mensch mit Zipfel da schon wieder Cooles gemacht hat, um ein Standing in unserem Leben zu haben, auch, wenn wir dazu neigen, genau das zu tun. Wir sind selber gut, so, wie wir sind. Wir finden uns doch eigentlich gut, warum lassen wir uns das durch Fremdbestimmung versauen?
Und schon gar nicht müssen wir uns mit anderen Frauen vergleichen oder sie bewerten. Was soll das? Warum? Wer berechtigt mich dazu, eine andere Frau zu bewerten dafür, wie sie aussieht und was sie anhat? Was sie sagt und wofür sie einsteht?
Einmal ein Kompliment machen und dann die Fresse halten, denn jeder darf sein, wer er ist, wenn er anderen damit kein Leid zufügt. Richtig? :)
Wieso erst komme ich damit erst heute?
– Ich habe mir lange Gedanken darüber gemacht und mich gefragt, ob das ein Thema für mich ist. Und ja, es ist ein Thema.
Was hat das mit mir zu tun?
Ich bin seit ein paar Jahren selbstständig und habe das große Glück, dass ich bis jetzt erst einmal erleben durfte, wie ein potentieller Kunde versucht hat, mich zu drücken. Also, nicht auf Basis des Verhandeln-Wollens sondern aufgrund des Infragestellens vom Beherrschen meines Handwerks, während er dazu ein paar witzige Macho-Sprüche platzierte. Wir haben dann natürlich nicht zusammengearbeitet, aber das war einer der Momente, der mir einen entsprechenden Selbstwertschätzungsboost gegeben hat. Never let them fuck you.
Nun könnte man meinen, dass ich diese Attitude schon seit immer habe. Aber nein, das musste ich lernen. Als ich Mama geworden bin, haben sich meine Prioritäten und meine Wahrnehmung von der Welt wesentlich verschoben und gleichzeitig stark gefestigt. Mit sehendem Auge in ungleichen Situationen zu verhandeln ist keine leichte Sache, zumal bei mir ja noch das Berufsfeld „Kreativität“ hinzukommt, das zusätzlich zum Frau-sein noch mal einen „Wenn ich will, kann ich mich ganz klein machen“-Push hinzufügt.
Trotzdem möchte ich sagen, dass wir als Frauen uns gerade dann nicht verstecken sollten. Wie das richtige Maß so gefunden werden kann, dass es ankommt, das wird die Zeit zeigen, aber wichtig ist, dass Du nicht aufhörst und mutig bist.
Steter Tropfen höhlt den Stein und wenn Du überzeugt von etwas bist, stehe dafür ein. Als eine Person, die Frau ist UND etwas vom Leben will. Und auch alles haben kann.
Eure Ellen
Bild: Philipp Mannel
4 Comments
Liebe Ellen,
auch ich habe gestern einige tolle sowie weniger tolle Meinungen/Aussagen/Texte zum Weltfrauentag gelesen. Deiner gehört ganz klar zu den Ersteren 💗
Das freut mich sehr, liebe Christina. Aber da waren wir uns ja schon immer relativ einig, richtig? :)
Danke Elli, für diese guten Worte. Ja, wir sind gut so wie wir sind!
In Liebe Sabine B.
Gerne, Biene! Das sind wir. <3